Reportage: Unterwegs in der Frontstadt Cherson

In der Frontstadt Cherson terrorisieren russische Truppen die Zivilbevölkerung mit perfider Brutalität. Doch die Bewohnerinnen und Bewohner stemmen sich mit bewundernswerter Entschlossenheit gegen die Aggressoren. Und greifen dabei auch zu unkonventionellen Mitteln. Senioren werden in gepanzerten Wagen zum Arztbesuch gebracht, eine Lehrerin unterrichtet die über die ganze Welt verstreuten Kinder aus ihrer Klasse online. Und die Straßen werden mit Netzen gegen feindliche Drohnen gesichert.

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Der Herbst lässt das Laub in die Netze fallen. Wie ein eckiger Tunnel ziehen sich schwarze Netze über die Kulyka Straße, eine Allee im Herzen der Hafenstadt Cherson im Süden der Ukraine. Blickt Galina nach oben, verschwinden die Schnüre im Gegenlicht der Sonne. Ihr präsentiert sich ein Bild bizarrer Schönheit. Die Blätter verfangen sich im Netz, wirken wie im Flug eingefroren. Doch der 61-Jährigen ist nicht danach, über die Ästhetik von Laub im Zusammenspiel mit Netzen nachzudenken. Die Netze haben eine überlebenswichtige Aufgabe: Sie sollen vor Angriffen mit Kamikaze-Drohnen schützen.

„Straße des Todes“

Die Lehrerin macht sich Sorgen, wie es weitergeht in ihrem Cherson mit all den russischen Drohnenangriffen und dem Artilleriebeschuss. Netze sind im Bereich des Bahnhofs gespannt. Oder sie ziehen sich kilometerlang entlang der Schnellstraße, die Cherson mit Mykolajiw verbindet. „Straße des Todes“ wird sie mittlerweile genannt. Weil es dort zahlreiche Drohnangriffe auf zivile Autos und ihre Insassen gab. Manchmal rasen Kranken-, Militär- und Polizeiwagen über die Fahrbahn. Die Antennen auf den Dächern sind Störsender, die die Radiowellen der Drohnensteuerung beeinträchtigen sollen.

Einige Straßen in der Stadt sind mit Netzen geschützt. Das Herbst-Laub fängt sich dort

Seit die Netze hängen, scheint sich die Situation verbessert zu haben. Dennoch werden die Fahrerinnen und Fahrer …






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