Wasser marsch
Mit Hilfe moderner Sensorik und KI-gestützter Bilddatenauswertung können Drohnen einen wichtigen Beitrag bei der Prävention und Früherkennung von Wald- und Vegetationsbränden leisten. Mehr noch. Auch wenn ein Feuer ausgebrochen ist, könnten unbemannte Systeme in Zukunft zur aktiven Bekämpfung der Flammen eingesetzt werden. Vor allem dann, wenn bemannte Löschflugzeuge und Helikopter am Boden bleiben müssen. Etwa bei Nacht oder über mit Explosivstoffen kontaminierten Arealen.
Von Jan Schönberg
Wo Rauch ist, da ist auch Feuer. Das ist zwar nicht zu 100 Prozent zutreffend, dennoch ist es diese sprichwörtliche Wahrheit, auf der viele Systeme zur Waldbrandfrüherkennung basieren. Je früher die ersten Glut- und Brandnester bemerkt werden, desto effektiver lässt sich ein großflächiges Inferno verhindern. So wurde beispielsweise im Projekt Evolonic – einer gemeinsamen Initiative der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie (IISB) – eine hocheffiziente Langstreckendrohne entwickelt, die sich mit Hilfe von RGB- und Thermalkameras auf die Suche nach ersten Anzeichen von Feuern machen kann. Eine KI-unterstützte Analyse-Software soll dabei helfen, Rauchfahnen und Hitzepunkte so punktgenau wie möglich zu detektieren. Wurde ein Wald- oder Vegetationsbrand erkannt, unterstützt die Drohne die Einsatzkräfte zudem mit einem Live-Lagebild.
Andere Konzepte kombinieren spezielle Sensoren, die schon kleinste Veränderungen der Zusammensetzung der Umgebungsluft registrieren, mit dezentral stationierten Drohnen. Schlagen die Gassensoren an, steigen UAS auf, um die Brandquelle zu lokalisieren und die Einsatzkräfte schnellstmöglich dahin leiten zu können, wo ein Feuer ausgebrochen ist (Wir berichteten).
Kampf gegen die Uhr
Doch gerade in den heißen, niederschlagsarmen Sommermonaten ist es zum Teil nahezu unmöglich, den Flammen rechtzeitig Herr zu werden, bevor großflächige Brände entstanden sind. Völlig ausgetrocknete Pflanzen fangen in kürzester Zeit Feuer, Winde fachen das Ganze zusätzlich an und sorgen für eine schnelle und zum Teil unvorhersehbare Ausbreitung. Ohne massive Unterstützung aus der Luft können die Feuerwehrmänner und -frauen am Boden dann kaum etwas ausrichten. Allerdings sind die Kapazitäten an Löschflugzeugen und -hubschraubern begrenzt. Zudem können diese bei Nacht oder extremen Wettersituationen gar nicht eingesetzt werden. Und manchmal können bemannte Flugsysteme nicht genutzt werden, weil sich am Boden Gefahrstoffe befinden. So wie bei Bränden im Bereich aktiver und ehemaliger Truppenübungsplätze, wo Munitionsreste und andere Explosivstoffe unter Hitzeeinwirkung jederzeit zu einem unkalkulierbaren Risiko für die Einsatzkräfte werden können. Dann bleibt den Feuerwehrleuten nichts anderes übrig als außerhalb der als gefährlich eingestuften Areale zu warten und die Feuer so kontrolliert wie möglich abbrennen zu lassen. Doch es gelingt eben auch nicht immer, eine weitere Ausbreitung der Flammen zu verhindern. Zudem setzen brennende Pflanzen jede Menge Kohlenstoffdioxid frei, was den menschengemachten Klimawandel zusätzlich „befeuert“. Zudem gehen weitere Ressourcen verloren, die CO2 binden können. Die Auswirkungen von Waldbränden auf den Treibhauseffekt sind schon jetzt enorm – und nehmen stetig weiter zu.
Künftig sollen die Ultraleicht-Hubschrauber CoAX 600 von edm aerotec unbemannt eingesetzt werden, um Waldbrände aus der Luft bekämpfen zu können (Foto: Hochschule München / Marcel Mende)
Zusätzliche Optionen
Nicht zuletzt deshalb ist es wichtig, Waldbrände schnellstmöglich zu löschen. Unbemannte Systeme können an dieser Stelle zusätzliche Optionen bieten. Zum einen, um Löscharbeiten zu beschleunigen. Und zum anderen, um Feuer auch dann zu bekämpfen, wenn dies auf herkömmliche Weise zu gefährlich ist. Sei es durch geländegängige Bodenfahrzeuge, die Löschmittel direkt dahin bringen können, wo diese erforderlich sind. Oder auch durch UAS, die – wie Löschflugzeuge und -hubschrauber – Wasser über den Bränden abwerfen können. Dadurch werden zwar häufig nicht die Flammenherde gelöscht, aber die Ausbreitung der Feuer in den Baumkronen verlangsamt, sodass das Risiko für Einsatzkräfte am Boden verringert, die Ausbreitung der Brände verzögert und die Chance, diese einzudämmen, verbessert wird.
Um die begrenzten Mengen an Wasser, die aktuelle UAS im Vergleich zu herkömmlichen Löschflugzeugen transportieren können, auszugleichen, wird vielerorts daran getüftelt, wie Drohnenschwärme dieses Manko ausgleichen können. So soll beispielsweise im Forschungsprojekt Peelikan (Pilothafte Entwicklung und feuerwehrtechnische Erprobung eines Löschdrohnenschwarms zur direkten Vegetationsbrandbekämpfung) ein Gesamtsystem entwickelt werden, um einen Schwarm von GPS-navigierten Drohnen rund um die Uhr zur aktiven Brandbekämpfung einsetzen zu können. An einer mobilen Basisstation werden diese automatisiert mit frischen Akkus und neuem Wasser versorgt, sodass ein Kreislaufsystem etabliert werden könnte, um die Löschdrohnen dauerhaft zum Einsatz bringen zu können. Neben der Möglichkeit, auch bei Nacht und schlechten Sichtverhältnissen operieren zu können, sollen auch verringerte Kosten im Vergleich zu traditionellen Methoden der luftfgestützten Brandbekämpfung anfallen. Und da die elektrisch betriebenen UAS zudem ökologisch nachhaltiger agieren können als Flugzeuge und Helis, wären gleich auf mehreren Ebenen signifikante Vorteile gegeben.
Die Schwerlastdrohne Thunder Wasp von ACC Innovation kann eine Payload von bis zu 400 Kilogramm Gewicht transportieren. Beispielsweise auch Löschwasser (Abbildung: FireSwarm Solutions Inc.)
Bislang stellt die aufgrund der Payload-Kapazitäten der verfügbaren UAS limitierte Menge an Löschmitteln, die zum Brandherd gebracht werden können, jedoch weiterhin die größte Schwachstelle dar. Das wollen untere anderem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hochschule München (HM) ändern, die im Rahmen des Forschungsprojekts AIDER (Artificial Intelligence in Disaster Relief) mit Partnern aus Industrie und Forschung an einem System zur autonomen Waldbrandbekämpfung arbeiten. Die Idee: Ein Schwarm von umgebauten Ultraleicht-Hubschraubern des Typs CoAX 600 von edm aerotec soll unbemannt und autonom Waldbrände bekämpfen. Die Maschinen könnten dabei jeweils einen speziellen Wassertank mit einer Kapazität von bis zu 200 Litern tragen und das Wasser gezielt über Brandherden abwerfen.
„Donner-Wespen“
Ein ähnliches Konzept verfolgt das kanadische Startup FireSwarm Solutions Inc. Dies setzt jedoch nicht auf umgebaute Helikopter, sondern auf die Schwerlastdrohnen des schwedischen Unternehmens ACC Innovation. Dessen Thunder Wasp kann bis zu 400 Kilogramm Payload transportieren und eröffnet damit ganz neue Möglichkeiten zur Brandbekämpfung aus der Luft. Mehrere, im Schwarm agierende „Donner-Wespen“ sollen dabei helfen, bestehende Lücken in traditionellen Löschkonzepten zu schließen. Durch die hohe Traglast und auf KI-Technologien basierende Navigations- und Koordinierungstechnik könnten die Möglichkeiten, unbemannte Systeme zur aktiven Bekämpfung von Wald- und Vegetationsbränden einzusetzen, dadurch enorm verbessert werden.