Erfolgreiche Vorführung einer aktiven Flatterdämpfung: Wissenschaftler zähmen gefürchtetes Luftfahrtphänomen

Einem europäischen Forscherteam ist es gelungen, eine große Herausforderung in der Luftfahrt zu meistern: Sie haben das Phänomen des Flatterns in der Flugzeugstruktur mit Hilfe eines Regelsystems aktiv gedämpft. Die Forscher stellten dies bei Flugversuchen mit einem speziell konstruierten Unmanned Aerial Vehicle (UAV) unter Beweis.

Das Team bestehend aus den DLR-Instituten für Aeroelastik in Göttingen und für Systemdynamik und Regelungstechnik in Oberpfaffenhofen, dem Institut für Computerwissenschaft und Kontrolle (SZTAKI) aus Ungarn, dem Französischen Labor für Luft- und Raumfahrt (ONERA) und der Technischen Universität München (TUM) wurde im Rahmen des Horizon 2020: EU-Programms für Forschung und Innovation finanziert. Die erfolgreichen Testflüge fanden im Nationalen Erprobungszentrum für Unbemannte Luftfahrtsysteme des DLR in Cochstedt statt.

Flattern als Phänomen

Beim Entwurf von Flugzeugen werden Technologien für eine Leichtbauweise eingesetzt, um deren CO2-Fußabdruck durch einen geringeren Brennstoffverbrauch zu verringern. Leichtere Flugzeugstrukturen sind flexibler. Das bedeutet, dass sie sich bei einer aerodynamischen Belastung verformen. Verbesserungstrends bei Material und Design werden dafür sorgen, dass Flugzeuge noch leichter werden und ihre Flexibilität dadurch weiter erhöht wird.

Dieses Zusammenspiel von struktureller Verformung und Aerodynamik wird als Aeroelastik bezeichnet. Mit zunehmender Flexibilität wird die Strukturdynamik des Flugzeugs in den Eigenheiten seiner Vibration von bestimmten Phänomenen betroffen. So kann unter bestimmten Bedingungen die Interaktion zwischen den Schwingungen der Flugzeugstruktur und der umgebenden Luftströmung instabil werden. Dieses bekannte aeroelastische Phänomen, Flattern genannt, kann durch eine rapide Zunahme der Schwingungsamplitude zu einem katastrophalen Versagen führen. Daher muss eine Flugzeugstruktur so ausgelegt sein, dass das Flattern niemals während der normalen Betriebsgeschwindigkeit auftreten darf. Diese wesentliche Voraussetzung stellt eine beträchtliche Einschränkung dar, wenn Flugzeugstrukturen noch leichter werden.

Eines der wesentlichen Ziele des Projekts Flight Phase Adaptive Aero-Servo-Elastic Aircraft Design Methods (FliPASED) war es, Flattern mit aktiven Mitteln zu dämpfen: mit On-Board-Bedienoberflächen, Sensoren und intelligenten Regelungsalgorithmen. Dabei sollte herausgefunden werden, inwieweit eine aktive Flatterdämpfung neue Konstruktionsfreiheiten bei der Reduzierung des Gewichts eines Flugzeugs eröffnet.

Zur Verwirklichung dieses Ziels sind die folgenden Aufgaben erforderlich: 1. Entwicklung von Methoden und Tools für eine genaue flexible Flugzeugmodellierung, 2. Entwicklung von Regelungsalgorithmen, die es ermöglichen, höher als die konzipierte Flattergeschwindigkeit zu fliegen, und 3. Validierung der entwickelten Tools und Methoden auf einer sicheren und erschwinglichen experimentellen Testplattform.

T-FLEX und P-FLEX UAVs

Das T-FLEX genannte UAV wurde im Rahmen eines früheren europäischen Forschungsprojekts – Flutter Free Flight Envelope eXpansion (FLEXOP) – konzipiert. Das Grundprinzip eines solchen Vorführmodells liegt darin, dass verschiedene Technologien relativ schnell und sicher getestet werden können. Dies zu einem Bruchteil der Kosten, die das Anpassen eines fliegenden Verkehrsflugzeugs erfordern würde, ohne Risiko für Menschenleben. Die zweite Version des UAV, P-FLEX, wurde zum Testen der aktiven Flatterkontrolle verwendet. Als zusätzliche Sicherheitseinrichtung beim Flugtest war ein von den Piloten gesteuertes Flatter-Stoppersystem als zusätzliche Absicherung eingebaut.

Flugtest in Cochstedt

Mit dem Flatter-Flugtest wird die kritische Bewertung der aerodynamischen Stabilität eines Flugzeugs durchgeführt. Dabei unterliegt das Flugzeug kontrollierten und systematischen Tests zur Bewertung seiner Leistung bei unterschiedlichen Flugbedingungen. Der Flattertest ist ein wichtiger Meilenstein in der Zertifizierung eines jeden Flugzeugs, da damit das Flatterrisiko identifiziert und abgeschwächt wird.

Mit der Flugtestkampagne sollte die vorausgesagte sogenannte Open-Loop-Flattergeschwindigkeit (das heißt, ohne den Einsatz aktiver Flatterregler) bestätigt werden. Außerdem wurden zwei aktive Regler zur Flatterunterdrückung jenseits dieser Flattergeschwindigkeit vorgeführt. Teams von allen Projektpartnern waren während der Testwoche anwesend.

Ablauf der Flugtests

Zu Beginn der Woche wurden die aeroelastischen Modelle anhand der jüngsten Schwingungstest-Daten (Ground Vibration Test) auf den neuesten Stand gebracht. Auf Grundlage dieser Modelle wurden verschiedene Analysemethoden zur Validierung des voraussichtlichen Flatterverhaltens und zu einer möglichst genauen Prognostizierung der tatsächlichen Flattergeschwindigkeit eingesetzt. Der Flattermechanismus umfasste eine konventionelle Biege-Torsionskupplung, von der erwartet wurde, dass sie bei einer Fluggeschwindigkeit von 56 Metern pro Sekunde instabil sein wird. Als Nächstes wurde das Modell dazu verwendet, die Regler mittels zahlreicher Simulationen zum Flugtest freizugeben.

Der Flugtestplan wurde auf Grundlage dieser Resultate zusammengestellt. Es wurde beschlossen, einen Open-Loop-Flugtest in konstanter Höhe mit zunehmender Fluggeschwindigkeit durchzuführen. Das Flugzeug wurde vorbereitet und mit dem Autopiloten konnte das Flugzeug die Sollgeschwindigkeiten beibehalten. Die Ergebnisse der datengesteuerten Operational Modal Analysis (OMA) – Algorithmen vom Open-Loop-Flugtest bei bis zu 54 Meter pro Sekunde bestätigten das Auftreten des Kopplungsphänomens zwischen der von den Simulationsmodellen prognostizierten Symmetrie von Flügelbiegung und Flügeltorsion. Zudem hatte sich gezeigt, dass das Dämpfen des für das Flattern kritischen Modus die aeroelastische Dämpfung auf unter ein Prozent reduziert, was darauf hinweist, dass 54 Meter pro Sekunde tatsächlich genau am Rand des stabilen Flugbereichs lagen.

Über die Flattergeschwindigkeit hinaus fliegen

Der nächste Schritt bestand darin, die aktiven Flatterregler zu testen. Zwei unterschiedliche aktive Flatterregler wurden entworfen – eine strukturierte H-unendlich Regelung und eine H2-optimale Input-Output-Mischungssteuerung. Es wurde entschieden, einen Flugtest für jeden Regler durchzuführen, bei dem das Flugzeug über die prognostizierte Flattergeschwindigkeit von 56 Metern pro Sekunde fliegen sollte. Flughafen, Feuerwehr und das FliPASED-Team waren vorbereitet, dieses kalkulierte Risiko mit mehreren Notfallplänen für den Fall eines möglichen Misserfolgs einzugehen. Das Flugzeug hob am Freitag, den 26. Mai 2023, um 9.50 Uhr ab. Nach einer Überprüfung wurde das aktive Flatter-Kontrollsystem eingeschaltet. Daraufhin wurde das Flugzeug sicher durch die Flattergeschwindigkeit geflogen. Beide Regler ließen das Flugzeug bis zu einer Geschwindigkeit von 61 Metern pro Sekunde fliegen, was weit über der kritischen Geschwindigkeit lag.

Es gab noch eine wichtige Frage: Erleidet das Flugzeug bei 56 Metern pro Sekunde tatsächlich das erwartete destruktive Flatterphänomen? Daraufhin wurde die Entscheidung getroffen, über die prognostizierte Flattergeschwindigkeit hinaus ohne einen Regler zu fliegen. Dazu wurden erneut mehrere Sicherheitsprotokolle eingerichtet. Als das Flugzeug während des Flugs aufgrund der äußerst turbulenten Witterung früher als erwartet 56 Meter pro Sekunde erreicht hatte, begann das Flugzeug zu flattern. Die achtern positionierten Flügelholme, die ursprünglich zur Auslösung des Flatterphänomens installiert worden waren, gingen verloren. Dieser abschließende Flugtest bestätigte, dass die Regler sehr gut funktionierten und dass die aktive Regelung ein effektives Mittel sein kann, leichtere Flugzeugstrukturen vor Flatterinstabilität zu schützen.

Aussichten für die Luft- und Raumfahrt

Die Flugtests demonstrierten erstmals eine erfolgreiche aktive In-Flight-Flatterdämpfung auf einem unbemannten Luftfahrzeug (UAV) mit Charakteristiken ähnlich denen eines Verkehrsflugzeugs. Zudem weist dies einen sogenannten Technologie-Reifegrad auf, der seine Durchführbarkeit für Verkehrsflugzeuge der nächsten Generation unter Beweis stellt.

Obwohl Flattern ein gefährliches und unerwünschtes Phänomen darstellt, sind Daten zu tatsächlichen Flatterphänomenen äußerst selten. Daher ist das Projekt FliPASED zukunftsweisend, indem es nicht nur Daten über Flug-Hardware- und Software-Tools veröffentlicht, die eine aktive Flatterkontrolle, Simulation und Echtzeitprognose nachweisen, sondern auch ein Open-Source-Depot mit Daten zu allen Flugtests bereitstellt. Ziel ist, anderen Technikern und Forschern somit die Möglichkeit zu geben, ihre Tools und Methoden zu entwickeln und zu validieren, die zum Fortschritt in diesem Forschungsbereich führen.


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