Deutschland-Premiere

Vollautomatisiertes Vogelnest-Monitoring per Drohne

Sowohl die EU-Vogelschutzrichtlinie als auch die Bestimmungen des § 39 Bundesnaturschutzgesetz dienen dazu, wildlebende Tiere vor störenden Einflüssen durch den Menschen zu schützen. Was auf der einen Seite bedrohten Arten hilft, kann auf der anderen Seite wichtige Infrastrukturprojekte ausbremsen. Um zu verhindern, dass Nistvögel für Unterbechungen beim Bau einer Hochspannungsleitung im Weserbergland sorgen, wird die 60 Kilometer lange Trasse alle zwei Tage vollautomatisiert mit Drohnenhilfe inspiziert.

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    Dass dezentral in Drohnenhangars stationierte UAS großes Potenzial für den reibungslosen Betrieb linearer Infrastruktur in sich bergen, ist keine neue Erkenntnis. Die regelmäßige Befliegung von Bahngleisen, Pipelines oder Hochspannungsleitungen ermöglicht es, Risiken frühzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen, bevor es zu größeren Schäden, langen Ausfallzeiten und teuren Instandsetzungsmaßnahmen kommt. Während bislang vor allem Verschleiß oder Beschädigungen durch Witterungseinflüsse im Blickpunkt standen, stehen im Weserbergland aktuell andere potenzielle „Störfälle“ im Mittelpunkt des Interesses.

    Baustopp droht

    Denn die Masten von Hochspannungsleitungen sind unter Vögeln beliebte Plätze, um in luftiger Höhe und Fernab von den meisten Fressfeinden Nester zu errichten und den eigenen Nachwuchs großzuziehen. Was im Grunde keinerlei Schwierigkeit für die Trassenbetreiber darstellt, kann bei Bau- und Modernisierungsmaßnahmen jedoch schnell zu einem echten Problem werden. Denn wenn sich ein Gelege erstmal an Ort und Stelle befindet, müssen die Arbeiten gemäß § 39 des Bundesnaturschutzgesetzes und der EU-Vogelschutzrichtlinie nicht selten an den fraglichen Masten gestoppt werden. Und das im Zweifel über Wochen, bis die Jungvögel flügge werden.


    Ist ein Nest erstmal bezogen und befindet sich ein Gelege darin, können monatelange Baustopps die Folge sein

    Da eine regelmäßige Begehung der Masten schlicht zu aufwändig wäre, haben sich FlyNex und U-ROB in Zusammenarbeit mit dem auf die Errichtung von Anlagen zur Energieversorgung spezialisierten Unternehmen Omexom etwas einfallen lassen. Entlang einer 60 Kilometer langen 380-kV-Hochspannungstrasse im Weserbergland werden derzeit 140 Strommasten alle zwei Tage vollautomatisch per Drohne inspiziert – ein Turnus und eine Streckenlänge, die nach Angaben des Konsortiums in dieser Form erstmals in Deutschland umgesetzt wurden. Das System basiert auf fünf strategisch positionierten Systemen des Typs DJI Dock 2, die eine lückenlose Abdeckung der gesamten Trasse gewährleisten. Die am jeweiligen Einsatzort fest stationierten Drohnen führen automatisierte Flüge außerhalb der Sichtweite (BVLOS) durch, die vom U-ROB-Team aus einem zentralen Leitstand überwacht werden. Als zentrale End-to-End-Plattform dient die FlyNex-Missionsplanungssoftware zur Koordination aller Teilprozesse von der Routendefinition über die Datenerfassung bis hin zum Reporting.


    Mit fünf Systemen des Typs DJI Dock 2 können die 140 Strommasten auf einem 60 Kilometer langen Streckenabschnitt alle zwei Tage zeit- und kosteneffizient beflogen werden

    „Wegweisend für die Branche“

    Um aus dem Pilotprojekt ein Standardverfahren ableiten zu können, werden die gesammelten Bilddaten zum Training der neuen FlyNex Custom AI genutzt – einer spezialisierten KI-Lösung, die durch die automatisierte Analyse erhebliche Zeiteinsparungen bei der Datenauswertung und der darauf basierenden Entscheidungsfindung ermöglicht. Ab dem kommenden Jahr sollen Auswertung und Reporting zudem vollautomatisiert erfolgen und potenzielle Neststandorte in Echtzeit identifiziert werden. Dies ermöglicht, den beginnenden Nestbau frühzeitig zu erkennen und kostspielige Baustillstände während der Brutzeit von März bis September zu vermeiden. „Diese Lösung zeigt eindrucksvoll, was mit moderner Drohnentechnologie heute bereits möglich ist. Die Kombination aus hoher Frequenz, großer Reichweite und vollständiger Automatisierung ist wegweisend für die Branche“, sagt Thilo Gronholz, Vertriebsleiter bei Omexom Deutschland.


    Nicht nur der Flug, auch die Datenauswertung erfolgt schon jetzt nahezu vollständig automatisiert






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