Tödliches Erbe
Auch knapp 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs müssen immer wieder sogenannte „Blindgänger“ vom Kampfmittelräumdienst unschädlich gemacht werden. Doch nicht nur unter der Erde, auch unter der Wasseroberfläche stellen nicht detonierte Bomben und Munitionsreste eine Gefahr dar. Sie zu finden, zu entschärfen oder kontrolliert zu sprengen ist eine Mammutaufgabe. Um die zu bewältigen, kommen bei der aufwändigen Suche nach den Überresten von Krieg und Zerstörung auch unbemannte Systeme zum Einsatz.
Von Paul Hockenos
Die 55 Meter lange Alkor liegt mehrere Kilometer vor Kiel in der Ostsee vor Anker. An Bord des vom GEOMAR-Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung betriebenen Forschungsschiffs greift Ingenieur Henrik Schönheit nach einem Joystick-ähnlichen Hebel, drückt diesen nach vorne und 12 Meter unter dem Schiff beginnt ein Unterwasserroboter damit, sich auf Gummiketten über den Meeresboden zu bewegen.
Das, was dem unbemannten System mit den Grundabmessungen eines kleinen Golfcarts dort begegnet, wird per Live-Videostream auf einen Computerbildschirm in einem engen Raum an Bord des Schiffs übertragen. Das Bild ist so hoch aufgelöst, dass man die Tentakel einer durchsichtigen Qualle zählen kann, die an der Kamera vorbeischwimmt.
Sofortprogramm
Der Roboter, von dem die beeindruckenden Bilder eingefangen werden, hört auf den Namen Norppa 300 und ist die neueste Erfindung von SeaTerra, einem auf die Detektion von Kampfmitteln spezialisierten Unternehmen mit Sitz im brandenburgischen Wandlitz und einer Zweigstelle in Seevetal vor den Toren Hamburgs. Mitgründer Dieter Guldin gilt als einer der erfahrensten Experten Europas, wenn es um die Identifizierung und Bergung versunkener Sprengkörper geht. Auch auf seine unermüdliche Arbeit ist zurückzuführen, dass man in der Politik das Problem versenkter Weltkriegsmunition erkannt hat.