Über die Schwierigkeiten des multinationalen UAS-Betriebs

Single European Sky?

Grenzenlose Freiheit sucht man auch über den Wolken vergeblich. Zwar gibt es am Himmel keine Zäune oder Schlagbäume, doch der Luftraum über dem gesamten Land- und Seeterritorium eines Staates gehört zu dessen Hoheitsgebiet und unterliegt der staatlichen Souveränität. Auch im vereinten Europa. Für UAS-Betreiber bedeutet das, dass der kleine Grenzverkehr nicht ohne Weiteres möglich ist. Und Drohneneinsätze über Staatsgrenzen hinweg eine komplizierte Angelegenheit sein können.

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Mal eben zum Arbeiten, Tanken oder Einkaufen ins Nachbarland fahren? Kein Problem. Auch Dienstleistungen oder Transporte sind in vielen europäischen Grenzregionen nicht an – im Grunde mehr oder weniger willkürliche – geografische Zuordnungen gebunden. Natürlich gelten überall die jeweils nationalen Regeln, zum Beispiel was Tempolimits angeht. Aber grundsätzlich macht es zunächst einmal keinen Unterschied, ob man sich nun gerade in Land A oder B befindet. Zuweilen bemerkt man vermutlich nicht einmal, dass man eine Staatsgrenze passiert hat. Umso mehr, wenn man sich nicht am Boden, sondern in der Luft befindet. Dennoch gibt es, trotz einschlägiger europäischer Vorgaben, natürlich auch zwischen Nachbarländern Unterschiede, was die Regelungen für den UAS-Betrieb angeht.

Räumlich verpflanzt

Insbesondere mit Blick auf die spezielle Kategorie müssen Unternehmen und Organisationen, die Drohnen im Ausland einsetzen wollen, einiges beachten. Grundsätzlich gilt auch hier, dass sich die behördliche Zuständigkeit nicht am geplanten Betriebsort, sondern am Antragsteller orientiert: Hauptwohnsitz bei natürlichen Personen, Sitz bei juristischen Personen. Die EU-Durchführungsverordnung 2019/947 regelt in Artikel 13, wie „grenzübergreifender Betrieb oder Betrieb außerhalb des Eintragungsstaats“ genehmigungsfähig ist. Dabei hatte der Verordnungsgeber allerdings offenbar primär im Sinn, dass ein Betriebsszenario, das in Brüssel genehmigt wurde, auch in Berlin umgesetzt werden kann. Beziehungsweise dass ein belgisches Unternehmen – um im Beispiel zu bleiben – auch in Deutschland Dienstleistungen und Services erbringen kann. Das Prinzip: Ein genehmigtes Konzept wird räumlich verpflanzt und sofern erforderlich an veränderte lokale Gegebenheiten angepasst, in dem beispielsweise zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung des Betriebsrisikos implementiert werden. Ganz konkret müsste dann die erteilte Betriebsgenehmigung der belgischen Behörde zusammen mit den Maßnahmen zur Risikominimierung bei der deutschen Behörde eingereicht werden, die den Antrag laut DVO (EU) 2019/947 (Artikel 13, Absatz 2) „unverzüglich“ prüfen muss.

Aber was passiert, wenn die originäre Geschäftsidee einen grenzüberschreitenden oder gar multinationalen Flugbetrieb vorsieht? Also wenn beispielsweise UAS-Services im Dreiländereck zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden umgesetzt werden sollen? Auch dann greift zunächst einmal das „Wohnortprinzip“, entscheidet der Sitz des antragstellenden Unternehmens über die primäre Zuständigkeit. Da aber die Genehmigung des Betriebskonzepts nicht ohne Einbeziehung der beteiligten Zweit- oder gar Drittstaaten möglich ist, muss die zuständige nationale Behörde an dieser Stelle – idealerweise in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Antragsteller – die Koordinierung des Verfahrens übernehmen. Denn es gilt, an dieser Stelle unterschiedliche Regelungen und Auslegungen der europäischen Vorgaben unter einen Hut zu bekommen. Man könnte auch sagen: Man muss den kleinsten gemeinsamen Nenner finden.

Andere Voraussetzungen

Denn zum Beispiel mit Blick auf das Thema BVLOS-Operationen bestehen einige Unterschiede, was die Regelungen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union angeht. So ist der UAS-Betrieb außerhalb der Sichtweite eines Piloten beziehungsweise einer Pilotin in Deutschland unter anderen Voraussetzungen genehmigungsfähig als etwa in den Niederlanden, wo dies nur in einem abgesperrten Luftraum („restricted airspace“) möglich ist. Was das EU-Recht also auf einer eher theoretischen Ebene vorgibt, wird in der Praxis doch recht unterschiedlich umgesetzt.

Auch wenn der internationale UAS-Betrieb über eine oder mehrere Landesgrenzen hinweg derzeit eher eine Ausnahme darstellen dürfte, wird das in Zukunft nicht zwingend so bleiben. An dieser Stelle gemeinsame Strukturen zu schaffen und sich auf eine harmonisierte Nutzung des europäischen Rechtsrahmens zu verständigen, ist eine genauso herausfordernde wie wichtige Aufgabe. Zumal in einer Phase, in der die nationalen Prozesse mit Blick auf die Integration von UAS in den allgemeinen Luftraum noch fragil sind. Den Grundgedanken eines „Single European Sky“ auch für die unbemannte Luftfahrt anzuwenden, dürfte daher sicher noch einiges an Diskussionen und intensiver Abstimmung erfordern. Es wäre hinsichtlich der künftigen Drohnennutzung im Sinne der Allgemeinheit und für einen sicheren und effizienten UAS-Betrieb allerdings eine lohnenswerte Zukunftsinvestition.

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Dieser Beitrag ist in Ausgabe 1/2024 des Magazins Drones erschienen. Diese und alle weiteren verfügbaren Ausgaben sowie attraktive Abo-Angebote finden sich unter www.drones-magazin.de/shop




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