Nachgefragt bei Christoph Bach (BVCP) und Matthias Still (BUVUS)

Neufassung der deutschen Luftverkehrsgesetzgebung

Spätestens nachdem der Bundesrat in seiner Sitzung vom 26. März 2021 die vom Bundesverkehrsministerium neu konzipierte Luftverkehrsordnung in Gänze ablehnte ist offener denn je, ob die Neufassung der deutschen Luftverkehrsgesetzgebung überhaupt noch vor der parlamentarischen Sommerpause und dem sich daran anschließenden Bundestagswahlkampf gelingen kann. (Wir berichteten) Morgen steht der „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung nationaler Regelungen an die Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 der Kommission vom 24. Mai 2019 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge“ nun erstmals auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages. Das Thema soll jedoch nicht im Plenum debattiert sondern im sogenannten vereinfachten Verfahren zur Beratung in den zuständigen Verkehrsausschuss überwiesen werden. Und bereits für den 19.04.2021 hat der Ausschuss eine öffentliche Anhörung dazu angesetzt. Wie man in beteiligten Verbänden wie beispielsweise dem Bundesverband Copter Piloten oder dem Bundesverband für Unbemannte Systeme die derzeitige Situation rund um die Neufassung der deutschen Luftverkehrsgesetzgebung bewertet, das wollten wir von den Vorsitzenden Christoph Bach (BVCP) sowie Matthias Still (BUVUS) wissen. Drones fragt nach.

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Wie beurteilen Sie den vom BMVI vorgelegten „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung nationaler Regelungen an die Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 der Kommission vom 24. Mai 2019 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge“ mit Blick auf die künftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Drone-Economy?

Matthias Still: Sie hatten in Drones-Ausgabe 2/2021 ja bereits darauf aufmerksam gemacht, dass der Entwurf mit der heißen Nadel gestrickt wurde, um ihn kurz vor Weihnachten auf den Weg zu bringen. Diese Einschätzung teilen wir. In ihrem „Aktionsplan“ zur Unbemannten Luftfahrt hat die Bundesregierung den Anspruch erhoben, Leitmarkt für die Drone-Economy zu werden. Diesem Anspruch wird der Gesetzentwurf nicht gerecht. Er ist in der Ausgestaltung zu restriktiv und einseitig geprägt vom Gedanken einer Gefahrenabwehr. Nicht von den Zukunftschancen eines Wachstumsmarkts für Neue Mobilität und Digitalisierung.

Christoph Bach: Durch die Europäischen Verordnung öffnet sich der Markt für Drohnen-Nutzung europaweit, der bisher durch die unterschiedlichen Regulierungen der Mitgliedsstaaten national geregelt war. Der Zutritt zu anderen europäischen Märkten und eine europaweite einheitliche Regelung waren ja auch Ziele der Reform. Doch in dem vorgelegte Gesetzentwurf sehen wir die Gefahr, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Drohnenwirtschaft gegenüber anderen Mitgliedsstaaten in der europäischen Union geschwächt wird. Der BVCP hat immer davor gewarnt, dass eine Überregulierung oder zunehmende Bürokratisierung zu einem Standortnachteil für Deutschland führen kann. Erste Anfragen, in welches Bundesland beziehungsweise welchen Mitgliedstaat man seinen Firmenhauptsitz verlegen sollte, haben uns schon erreicht.

Insbesondere am Entwurf zur neuen Luftverkehrsordnung gibt es Kritik, der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung vom 26. März dafür ausgesprochen, die vom BMVI vorgelegte Neufassung in Gänze abzulehnen. Wie bewerten Sie diesen Vorgang? Welche Konsequenzen hat das mit Blick auf Sommerpause und Bundestagswahlkampf für das komplette Gesetzgebungsverfahren?

Christoph Bach: Die Ablehnung des Gesetzentwurfs durch den Bundesrat sehen wir als ein positives Signal, diesen noch einmal zu überarbeiten und die Verbesserungsvorschläge der Wirtschaft und der Verbände darin zu berücksichtigen. Wir haben uns dem BMVI für Gespräche und die Mitwirkung an der dringend notwendigen Optimierung bereits angeboten und hoffen immer noch, dass eine Verbesserung der LuftVO in der laufenden Legislaturperiode möglich ist.

Matthias Still: Wir sind nicht traurig über die Ablehnung. Das lässt Spielraum für Verbesserungen, gerade auch bei den Regelungen zur Unbemannten Luftfahrt. Einige Beispiele: Welche Landesluftfahrtbehörde ist zuständig, wenn Unternehmen außerhalb des Bundeslandes fliegen, in dem ihr Firmenstandort ist – und das auch Ländergrenzen-überschreitend? Welche Fallschirme sind erlaubt? Ist ein Flugverbot über Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Bahngelände im Sinne einer zukunftsfähigen Logistikkette? Welcher Gesetzesrahmen ergibt sich aus den Schnittstellen zwischen Drohnen und anderen Anwendungen im Internet der Dinge? Hier besteht überall Nachbesserungsbedarf.

Sollte die Neuregelung der Luftverkehrsordnung noch über den Sommer hinaus auf sich warten lassen, welche Folgen hätte das für die weitere Entwicklung und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Drone-Economy?

Matthias Still: Dass die Neuregelung noch auf sich warten lässt, ist für eine sich schnell ändernde Branche nicht gut. Gleichwohl: Wenn hier ein Gesetz auf den Weg gebracht wird, das zumindest für die kommenden drei bis vier Jahre eine kluge Weichenstellung wäre, würde sich die Wartezeit lohnen.

Christoph Bach: Sollte es nicht zu einer neuen Luftverkehrs-Ordnung kommen, müsste die bestehende selbstverständlich in den Punkten, in denen sie europäisch geregelt ist, angepasst werden. Allerdings könnten die Drone-Economy unseres Erachtens sehr gut weiter mit der bisherigen Regelung leben, die sich ja bereits bewährt hat. Wir hatten in der neuen LuftVO die Chance gesehen, einige der Regelungen zu vereinfachen. Hier sind stattdessen jedoch weitere Verschärfungen hinzugekommen, deren Sinn sich uns entzieht – ebenso wie die Kompetenzabgabe an andere Ministerien, die damit in vielen Bereichen das letzte Wort für die Regelung im Luftverkehr hätten. Auch die gewachsene Zusammenarbeit der Copter-Piloten mit den Landesluftfahrtbehörden ist ein wichtiger Faktor, weshalb wir es begrüßen, dass diese – entgegen dem Gesetzentwurf – laut Bundesrat auch für Drohnen mit mehr als 25 Kilogramm Startmasse zuständig sein sollen. 

Lese-Tipp:

Mehr zur Debatte über den „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung nationaler Regelungen an die Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 der Kommission vom 24. Mai 2019 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge“ aus dem BMVI sowie die Standpunkte der beteiligten Verbände und einiger Politiker aus dem Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages lesen Sie in Drones-Ausgabe 3/2021, die ab dem 29. April 2021 im Handel ist. Die Digital-Ausgabe erscheint bereits am 16. April 2021.




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