DLR zeigt erstmals autonomes Fahren mit Infrastruktur-Unterstützung

Autonomes Fahren im urbanen Verkehr ist eine Herausforderung. Denn im Gegensatz zum Fahren auf Autobahnen gibt es in der Stadt wesentlich komplexere und oft unübersichtlichere Situationen. Menschen sind zu Fuß, mit dem Fahrrad oder E-Roller unterwegs. Sie haben bei Unfällen wesentlich weniger Schutz als Personen in Fahrzeugen. Gleichzeitig parken und rangieren Fahrzeuge oder Kreuzungen sind nicht immer komplett einsehbar. Bisherige fahrzeugbasierte Automatisierungen müssen teilweise aus Sicherheitsgründen sehr langsam fahren, um auf verdeckte Hindernisse reagieren zu können. Das kann sie in eng bebauten Städten unwirtschaftlich machen oder sie werden als übertrieben vorsichtig und langsam wahrgenommen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat deshalb im Projekt MAD Urban gemeinsam mit Unternehmen und einer weiteren Forschungseinrichtung einen ergänzenden Ansatz entwickelt und erstmals erfolgreich in der Praxis demonstriert: Managed Automated Driving (MAD). Mit Technologie-Projekten wie diesem unterstützt das DLR den Markthochlauf des autonomen Fahrens in Deutschland und damit verbundene Innovationen für zukünftige Produkte und Dienstleistungen.

Digitale Infrastruktur lotst autonome Fahrzeuge in komplexen Verkehrssituationen

Beim MAD bekommt die Automatisierung an Bord des Fahrzeugs Unterstützung aus der digitalen Infrastruktur. Zur digitalen Infrastruktur zählen zum Beispiel Sensoren an Ampeln, Straßenlaternen und Gebäuden sowie sogenannte Edge-Rechner. Das sind spezielle, kompakte Computer, die Daten direkt dort verarbeiten, wo sie entstehen, also am Rand (englisch „edge“) eines Netzwerks. „Die Daten, die diese Sensoren erfassen, führen wir dann zusammen, um ein Gesamtbild aller Verkehrsteilnehmenden zu erzeugen. Das schließt auch die aus Sicht des Fahrzeugs verdeckten Objekte ein. So ‚sieht‘ das autonome Fahrzeug mehr und kann besser mit herausfordernden Situationen zurechtkommen“, beschreibt Julian Schindler, DLR-Forscher und technischer Leiter des Projekts. „MAD kann autonomes Fahren sicherer, schneller und damit wirtschaftlich attraktiver machen – und damit die Einführung auch in Städten beschleunigen.“ Die Daten aus der digitalen Infrastruktur könnten in Zukunft auch genutzt werden, den Verkehr effizienter zu lenken, indem beispielsweise die Ampelschaltungen an den jeweiligen Verkehr angepasst werden.

Erster Praxistest in Braunschweig erfolgreich gemeistert

Mitte September 2025 hat ein Team des DLR und des Forschungszentrums Informatik (FZI) mit speziell ausgerüsteten Forschungsfahrzeugen die Machbarkeit dieses Ansatzes in der Praxis demonstriert – weltweit erstmalig im öffentlichen Straßenverkehr. Dieser „Proof-of-Concept“ ist ein wichtiger Meilenstein in der Technologieentwicklung. Dazu überquerten die Fahrzeuge die Kreuzung am Tostmannplatz in Braunschweig, die im Projekt mit zwei Sensor-Säulen ausgestattet worden war. Im Inneren dieser Säulen befindet sich eine Vielzahl von Sensoren und Rechnern. Diese zeichnen zu Forschungszwecken den Verkehr auf und analysieren ihn. Dazu erfassen sie datenschutzkonform die Umrisse von vorbeifahrenden Fahrzeugen, Menschen und Objekten auf der Kreuzung sowie den Fuß- und Radwegen. Daraus erstellen sie ein Bild der verkehrlichen Gesamtsituation.

Wenn sich die beiden Forschungsfahrzeuge der Kreuzung näherten, übernahm der Edge-Rechner die Kontrolle, berechnete kontinuierlich den sicheren Fahrweg und überwachte die Ausführung der Fahrmanöver. Wenn die Fahrzeuge den Kreuzungsbereich verließen, übernahm die im Fahrzeug vorhandene Automation wieder die Steuerung. „Man kann sich das MAD-Verfahren wie einen Lotsen in der Luft- oder Schifffahrt vorstellen. MAD unterstützt in schwierigen Situationen beim sicheren und effizienten Fahren und erhöht so die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden“, erläutert Julian Schindler. Die Versuche fanden in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Braunschweig statt und nutzen auch die bereits am Tostmannplatz verbaute Sensorik des Testfelds Niedersachsen des DLR.

Technologien und Innovationen rund ums autonome Fahren voranbringen

Aktuell gibt es für Verfahren und Ansätze wie MAD noch keine verbindlichen Normen. Generell wird aber der Aspekt der Interoperabilität wichtig sein, also dass unterschiedliche Systeme in Fahrzeugen und Infrastruktur möglichst nahtlos zusammenarbeiten. So könnten in Zukunft auch – je nach Situation und Anwendungsfall – der Umfang der Automatisierungsfunktion zwischen Fahrzeug und Infrastruktur flexibler gehandhabt werden. Ein Beispiel dafür wäre eine komplett durch MAD gesteuerte Buslinie. Dann müsste nicht jeder Bus mit teurer Technologie für das autonome Fahren ausgerüstet werden. Sollen in Zukunft viele Fahrzeuge automatisiert fahren, würde MAD damit auch einen wirtschaftlichen Vorteil bieten. Ebenso wären neue Geschäftsideen möglich, etwa die Daten aus der Infrastruktur als optionalen digitalen Service anzubieten.


Im Projekt MAD Urban arbeitete das DLR mit den folgenden Unternehmen zusammen:

Der Hersteller von Bildbearbeitungssystemen für die Verkehrstechnik VITRONIC war für die Konzeption und den Aufbau der Sensor-Säulen verantwortlich. Die Firma Balluff als Anbieter in den Bereichen Automatisierung und Sensortechnik steuerte die Sensortechnologie zur Stereo-Bilderfassung bei. Der Konzern Intel unterstützte das Projekt bei der Sicherheitsarchitektur für Fahrzeuge und Infrastruktur-Automatisierung. Der Informationstechnik-Dienstleister und Softwareentwickler GFT Technologies trug zur Softwareentwicklung für die Leitzentrale bei, die mit einer Technischen Aufsicht automatisierte Fahrzeuge überwachen kann.


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